Am 10. Dezember 2024 haben sich über 40 Akteur*innen aus Parlament, Ministerien, Verwaltung, Wissenschaft, Praxis und Zivilgesellschaft im Landtag getroffen, um in einem gemeinsamen Raum über den Stellenwert und die unterschiedlichen Gestaltungsmöglichkeiten von Kunst und Kultur im Strukturwandel zu diskutieren. Wir – Antje, Frank und Christina – wollten als einladende Landtagsabgeordnete Transparenz schaffen, Akteure vernetzen und gemeinsam einen Beitrag für ein breites Wirken von Kunst und Kultur – einem oft unterschätzten Gelingensfaktor – für einen nachhaltigen Strukturwandel leisten.

„Kunst und Kultur sind das Lagerfeuer, an dem eine Gesellschaft zusammenkommt und Heilung erfahren kann“ – Uwe Ulbrich, Projekt Kapelle Bethlehem
Der Fachtag ermöglichte einen Austausch zwischen Politik, Verwaltung und künstlerischer Praxis. Foto: Christof Wolff.
Aufbauen konnten wir auf
- dem Abschlussbericht der sogenannten Kohlekommission, die die Förderung von Kunst und Kultur in den Strukturwandelprozessen gefordert hat (S. 101),
- dem nordrhein-westfälischen Koalitionsvertrag, der diese Forderung unterstützt und Kunst und Kultur als „Element der Transformation“ definiert,
- sowie auf dem Ziel 19.3 „Kultur stärken“ des Meilensteinplans der Landesregierung, bei dem erste Großformate angedacht werden.
Strukturstärkungsmittel für Kunst & Kultur
Die Veranstaltung startete mit zwei Grußbotschaften der federführenden Minister*innen Mona Neubaur und Ina Brandes. Mit dem Impuls von Dr. Sonja Brandt sowie Dr. Nicola Hülskamp vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen (MKW) bekamen alle Teilnehmenden zunächst eine Übersicht über die aktuellen Förderbedingungen, ausgehend vom Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen (InvKG). Hier wurden folgende kulturspezifische Komponenten der Strukturförderung im Rheinischen Revier vorgestellt:
- Flexibilitätsreserve als investives Instrument aus Mitteln der Landeskomponente des InvKG (Kapitel 1). Die Mittel der Flexibilitätsreserve werden durch das Kabinett verabschiedet.
- Förderprogramm Empowerment Tagebauumfeld als Teil der Flexibilitätsreserve
- Förderangebot für Investitionen in Kultureinrichtungen als Teil der Landeskomponente (in Arbeit)
- Kulturförderung als Teil der Bundeskomponente des InvKG §17 (13)
- Förderung von Industriekultur (insbesondere Standort Frimmersdorf) als Teil der Bundeskomponente des InvKG §17 (1)
- Kuratiertes LandArt-Großprojekt für internationale Sichtbarkeit


Fotos: Christof Wolff.
Die Referentinnen wiesen darauf hin, dass dem Budgetplan des Strukturwandels entsprechend bis zu 200 Mio. Euro der Strukturstärkungsmittel für Kulturförderung eingeplant wurden. Wir danken dem MKW für diesen wertvollen Impuls zu Beginn des Fachworkshops!
Hands-On-Workshopphase
Da es uns ein Anliegen war, den Workshop zu nutzen, um direkt „ins Machen“ und in einen inspirierenden Austausch zu kommen, lag der Tagesfokus auf drei Fachworkshops. Das Besondere an den Workshops: Wir haben probiert, den unterschiedlichen Handlungsebenen der Akteur*innen im Kunst- und Kulturökosystem des Rheinischen Reviers jeweils einen eigenen Workshopraum zur intensiven Zusammenarbeit zu stellen. Ziel war es, zunächst entsprechend des Wirkungsfeldes der Teilnehmenden in die Tiefe zu arbeiten und schlussendlich die Ergebnisse der Handlungsfelder in einer gemeinsamen Ernte zusammenzuführen. Die zentralen Ergebnisse der einzelnen Fachworkshops sind im Folgenden zusammengefasst.
Workshop #1 – Rahmenbedingungen
Die Teilnehmenden des Workshops zu den Rahmenbedingungen der Kunst und Kultur im Strukturwandel – unter Beteiligung von Akteur*innen des MKWs, der Zukunftsagentur Rheinisches Revier sowie aus Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft – haben ihre Ergebnisse nach intensiven Diskussionen zur Frage, welche Leerstellen es in der bisherigen Förderkulisse gibt, wie folgt zusammengefasst:
- Auch in der Förderung müsse auf die Aussöhnung der Alltags- und der Hochkultur hingewirkt werden.
- Die Rahmenbedingungen müssten auch ein „selbst Gestalten“ der Kunst und Kultur „von unten“ aus der Region heraus unterstützen. Kunst- und Kultur sei dabei ein geeignetes Mittel, um aktiv auf die Menschen in der Region zuzugehen und Zugänge zum Strukturwandel zu gestalten.
- Bei der Gestaltung von Leuchttürmen mit internationaler Strahlkraft und Qualitätsansprüchen sei gleichzeitig auf die Verbindung und Rückkopplung mit Kunst- und Kultur vor Ort zu achten. Die Leuchttürme seien regional einzubetten.
- Bei der Förderung einer diversen Kunst- und Kulturlandschaft seien Netzwerke zum Wissenstransfer zu fördern, die kommunale Ebene einzubinden und lokale Initiativen vermehrt zu fördern – insbesondere gegenüber bereits etablierten Institutionen.
- Eine koordinierende Ansprechstelle könne dabei helfen, die unterschiedlichen Bedarfe und Angebote zusammenzubringen.
- Sichtbarkeit und Klarheit sei im Hinblick auf die Förderlandschaft anzustreben, bei der sowohl von Bundes- wie auch von Landesseite unterschiedliche Förderrichtlinien bestehen.

Antje Grothus lud zum ersten Workshop ein. Foto: Christof Wolff.
Workshop #2 – Selbstorganisation
Unter breiter Beteiligung von Kulturakteuren aus Theorie und Praxis wurde die Frage, wie eine Selbstorganisation der Kunst- und Kulturschaffenden im Rheinischen Revier aussehen kann, intensiv anhand zweier praktischer Beispiele diskutiert. Im Mittelpunkt standen die Erfahrungen aus der Praxis des Strukturwandelprojektes „Papierfabrik Zerkall“ sowie den Bemühungen rund um die Nachnutzung der Manheimer Kirche. Zentral waren die Fragen: Welche Herausforderungen treten auf? Welche Fallstricke gilt es zu vermeiden? Wie lassen sich aufkommende Probleme bewältigen? Die Vernetzung und gegenseitige Unterstützung der Akteurinnen und Akteure vor Ort wurde als zentraler Lösungsansatz ins Spiel gebracht. So standen viele der Anwesenden bereits vor ähnlichen Problemen und konnten wertvolle Lösungsansätze teilen.

Christina Osei leitete den zweiten Workshop. Foto: Christof Wolff.
Ein eindrückliches Beispiel wurde von den Heimatfreunden Kerpen e.V. eingebracht, die sich mit der Nachnutzung der Mannheimer Kirche im Tagebaugebiet beschäftigen. Die zentrale Herausforderung bestünde darin, alle interessierten Akteure an einen Tisch zu bringen und eine gemeinsame Entscheidung herbeizuführen. Anhand der Erfahrungen der Papierfabrik in Zerkall wurde gemeinsam diskutiert, inwieweit die Gründung eines Dachverbands zur internen Koordination sowie als Schnittstelle zu Politik und Verwaltung unterstützend wirken könne. Auch bei der Akquise von Fördergeldern könne ein Dachverband die langfristige Umsetzung des Projekts „Manheimer Kirche“ unterstützen.
Workshop #3 – Projekte im Revier
Aus diesem Teilworkshop zur künstlerischen Projektarbeit im Rahmen des Strukturwandels haben wir mitgenommen, dass es eine Vielzahl von Ideen, viel Kreativität und große Einsatzbereitschaft unter den Akteur*innen der verschiedenen Kultur- und Kunstsparten in der Region gibt. Dieses Potenzial findet bereits in vielfältiger Form Verwirklichung, könnte aber durch die richtige Unterstützung und Einbindung in politische Entscheidungsprozesse einen noch größeren Beitrag zur identitätsstiftenden Kulturarbeit im Rheinischen Revier leisten.
Der Grundkonsens ist dabei immer, dass vor allem langfristige Planbarkeit und Partizipationsmöglichkeiten gegeben sein müssen. Kulturschaffende wünschen sich nachhaltige Fördermöglichkeiten, damit einmal angestoßene Projekte nicht in Folge von finanzieller Unsicherheit oder Schwankungen im Etat der Fördertöpfe eingestellt werden müssen oder im Sande verlaufen. Zudem wünschen sich die Akteur*innen geschlossen, dass sie bereits früh in Entscheidungsprozesse über die Zukunft der Region eingebunden werden, dass ihre Expertise eingeholt wird und ihren Wünschen, Bedürfnissen und Empfehlungen Gehör geschenkt wird.

Frank Jablonski moderierte den dritten Workshop. Foto: Christof Wolff.
Ausblick
Unisono wünschten sich die Teilnehmenden eine weiterführende Vernetzung und gemeinsame Dialog- und Austauschräume. Entsprechend wollen wir 2025 Folgeveranstaltungen organisieren. Am 25. Juni 2025 werden Christina und Frank auf Einladung von Antje ihren Kulturtag im Rheinischen Revier verbringen. Sie werden Projekte besuchen und laden zum anknüpfenden vor Ort Austausch ins CAFÉ NO 5 im Schwalbenhof, Berverath 2, ein. Weitere Veranstaltungen sind geplant. Ideen und Impulse und Zusammenarbeit sind erwünscht!
Gerne nehmen wir Sie und Euch in unseren Verteiler auf – eine formlose E-Mail an antje.grothus.buero@landtag.nrw.de genügt. Weitere Informationen werden zudem in unserer Linked-In-Gruppe gepostet.
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