Zivilgesellschaftliches Engagement

Ich bin 1964 in Bochum „auf Kohle“ geboren, im Ruhrgebiet aufgewachsen und lebe seit nunmehr über zwanzig Jahren in Kerpen-Buir im Rhein-Erft-Kreis. Ich bin eine der persönlich von den negativen Auswirkungen des unmittelbar neben Buir gelegenen Kohletagebaus Hambach Betroffenen. Als im Jahr 2004 bekannt wurde, dass die Autobahn A4 für den Tagebau an unseren Ortsrand verlegt werden sollte, wurde ich aktiv und habe 2007 den Verein Buirer für Buir mitgegründet, der sich für den Erhalt der Lebensqualität in Buir, die Pflege von Natur und Kultur und eine aktive Zivilgesellschaft einsetzt.  Schwerpunkte meiner Arbeit waren die klassische Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und mein Engagement als klimabewegte Netzwerkerin.

Ein Meilenstein für die Klimabewegung im Rheinland war die Anti-Kohle-Menschenkette 2015, welcEin Meilenstein für die Klimabewegung im Rheinland war die Anti-Kohle-Menschenkette 2015, welche ich hauptamtlich mitorganisierte. Über 5000 Leute – das war für die Klimabewegung damals unglaublich viel – kamen zum Tagebau Garzweiler und zeigten so einer bundesweiten Öffentlichkeit das Ausmaß der Zerstörung und setzten ein ganz deutliches Signal für den Kohleausstieg. Die Idee, mit Menschenketten unseren Zusammenhalt auszudrücken und uns schützend zwischen die Kohlebagger und unsere Region zu stellen, haben wir Klimabewegte mit mehreren Rote-Linien-Aktionen auch bei Hambach umgesetzt. Dabei ist auch der gleichnamige Dokumentationsfilm entstanden, der die Geschichte des Hambacher Widerstands auf sehr eindrückliche Weise erzählt.

Im Herbst 2016 habe ich die Petition „Hambacher Wald retten und Klima schützen“ auf der Plattform WeAct gestartet. Ich kann es immernoch kaum glauben, aber inzwischen haben über 150.000 Menschen dort unterschrieben!. Leider wollte Herr Laschet diese Petition nie annehmen. Ihn gibt es als Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westphalen inzwischen nicht mehr – den Hambacher Wald aber schon!

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Mit diesem Video aus dem Winter 2017 habe ich für die Petition geworben und Herrn Laschet aufgefordert, den Hambi nicht zu roden!

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Besondere Freude machte es mir, im gleichen Jahr das Protestorchester Lebenslaute bei ihrer Aktion Andante an der Kante dabei zu unterstützen Probenräume und Unterkünfte zu finden. Welch unglaubliches Bild bot sich bei der Aktion, die ich vom Aussichtspunkt vor Elsdorf mit dem Fernglas beobachtete: achtzig Menschen mit Cello und Tuba und Fagott vor dem Riesenbagger, Musik statt Maschinenlärm, Kreativität statt Zerstörung. Diese Aktion ging nicht nur ins Ohr, sondern auch unter die Haut, denn selbst von meinem entfernten Standort aus drangen die harmonischen Klänge klassischer Musik bis zu uns, die wir außerhalb des Tagebaues zuhörten. Mich haben insbesondere diese kreativen Aktionen mit klassischer Musik sehr bewegt, da ich in einer musikbegeisterten Familie aufgewachsen bin und es genieße unserer Klavier- und Cellohausmusik zu lauschen.

Unsere Proteste bauten immer mehr Druck auf die Bundesregierung auf, die schließlich mit der sogenannten Kohlekommission erstmalig über ein Ende der Kohle in Im Winter desselben Jahres tagte in Paris die internationale Klimakonferenz der Vereinten Nationen, auf der schließlich das Pariser Klimaziel vereinbart wurde. Um der Klimabewegung und dem Braunkohlewiderstand eine eigene Stimme und ein eigenes Gesicht dort zu verleihen, habe ich den rheinländischen Routenabschnitt des Klimastaffellaufs Run For Your Life organisiert. Über hundert Läufer*innen im Alter von acht bis 75 Jahren sind dabei von Kiruna, der nördlichsten Stadt Schwedens, bis nach Paris gelaufen. Mit begeisternder Leidenschaft und viel Durchhaltevermögen trugen sie ihre Vision einer klima- und sozial gerechten Gesellschaft durch Europa. Diese Aktion hat nicht nur sehr viel Spaß gemacht, sondern auch die internationale Verantwortung gezeigt, die wir im Rheinischen Revier für den Schutz des Klimas haben.

Um eine dialogische Lösung des Konflikts um den Hambacher Wald zu initiieren, brachte ich im Frühjahr 2016 die Initiative Bündnis Friedensplan mit auf den Weg. Hier versammelten sich kirchliche Organisationen, Parteien, Bürgerinitiativen und engagierte Einzelpersonen, um RWE zu einem einjährigen Rodungsstopp zu bewegen, der allen Beteiligten eine Denkpause und Zeit für Austausch verschaffen sollte. Im Herbst 2016 habe ich die Petition „Hambacher Wald retten und Klima schützen“ auf der Plattform WeAct gestartet. Ich kann es immer noch kaum glauben, aber inzwischen haben über 150.000 Menschen dort unterschrieben! Leider wollte Herr Laschet diese Petition nie annehmen. Er ist als Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen Geschichte – der Hambacher Wald ist geblieben!

Im Rahmen der Klimaschutzverhandlungen in Bonn im November 2017 zeichnete mich die Nothilfeorganisation CARE als eine von zwölf weltweiten ‚Klimaheldinnen’ aus. Dies ist mir bis heute eine besondere Ehre und erinnert mich stets daran, dass wir hier im Revier auch eine globale Verantwortung tragen: all denjenigen gegenüber, die in anderen Teilen der Erde schon länger von den Auswirkungen der Klimakrise betroffen sind. Anfang 2018 zeichnete mich das Medienhaus Aachen bei seiner Gala „Menschen 2017“ für mein in der Region verwurzeltes Engagement, „meine echte Herzensangelegenheit“,  rund um den Erhalt des Hambacher Wald aus. 

Unsere Proteste bauten immer mehr Druck auf die Bundesregierung auf, die schließlich mit der sogenannten Kohlekommission erstmalig über ein Ende der Kohle in Deutschland diskutieren ließ. Ich wurde im Juni 2018 als Vertreterin unserer Region und der betroffenen Anwohner*innen im Rheinischen Braunkohlenrevier von der Bundesregierung in die Kommission berufen. Hier waren mir neben einem möglichst frühen Kohleausstieg, dem Erhalt des Hambacher Waldes und der Dörfer auch die soziale Absicherung der Beschäftigten und ein transparenter und bürgernaher Strukturwandel wichtige Anliegen. Durch unser Engagement haben wir eine gesellschaftliche Mehrheit für Klimaschutz und Generationengerechtigkeit aufgebaut. Dieser möchte ich nun auch eine parlamentarische Mehrheit an die Seite stellen, damit wir den Wandel wirklich gerecht und nachhaltig gestalten können. Dabei werde ich natürlich versuchen in engem Austausch mit der aktiven Zivilgesellschaft zu bleiben und möchte euch ermutigen, euch einzubringen, euch zu engagieren und den Druck „auf der Straße“ aufrecht zu erhalten. Denn eines habe ich im letzten Jahrzehnt gelernt: aktive Bürger*innen können die Welt verändern!